junge Pflegekraft ist in Gewerkschaft organisiert

Allein in der ambulanten Pflege sind heute weit mehr als 350.000 Mitarbeiter beschäftigt, insgesamt arbeiten rund 1,7 Millionen Menschen in der Pflegebranche. Angesichts der beachtlichen Zahlen an Beschäftigten entstand bereits vor mehreren Jahrzehnten der Wunsch nach einer gemeinsamen Interessenvertretung, die beispielsweise die Tarifverhandlungen führt und für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen eintritt. Inzwischen setzen sich vor Allem ver.di und der DBfK für die Rechte von Pflegepersonal ein. Doch von Arbeitskampf war in den letzten Jahren jedoch trotz teils widriger Bedingungen wenig zu spüren.


Der DBfK ist größte Organisation Pflegender

Keine klassische Gewerkschaft ist der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe, kurz DBfK. Bei dieser Organisation handelt es sich jedoch um eine gemeinsame Interessenvertretung der Gesundheits- und Krankenpflege, Altenpflege und Kinderkrankenpflege. So geht es dem DBfK vor allem um die Bündelungen der Interessen der Mitglieder gegenüber Kostenträgern, Politik und Gesellschaft.

Im Gegensatz zu einer Gewerkschaft sind die Aufgaben eines Berufsverbands deutlich weiter gefasst, weshalb vor allem die speziellen Themen Lohn und Arbeitsbedingungen weniger stark Fokus stehen.

Dennoch macht der DBfK gemeinsam mit ver.di auch auf schlechte Arbeitsbedingungen und unzureichende Gehälter aufmerksam. Auch die finanzielle Gleichstellung von Männern und Frauen liegt dem Berufsverband am Herzen.

Wenngleich es auch in der Pflegebranche noch weitere Berufsverbände gibt, besitzt der DBfK dank seiner Mitgliederzahl potenziell die größten Einflussmöglichkeiten. Teilweise übernahm der Verband dabei auch gewerkschaftliche Aufgaben.

Auch die Professionalisierung der Pflege ist ein zentrales Thema des Verbandes. So fordert der DBfK unter anderem auch die Einführung eines pflegewissenschaftlichen Studiengangs an Hochschulen, um tiefer wissenschaftliche Erkenntnisse über die Pflege zu erlangen.


Vertritt die Gewerkschaft ver.di auch die Pflege?

Unter den bekannten Gewerkschaften ist es vor allem ver.di, die sich für die Interessen von Pflegekräften einsetzt. Bei Tarifverhandlungen, bspw. mit dem öffentlichen Dienst der Länder übernimmt ver.di federführend die Interessen der Pflegenden.

Auch einzelne Warnstreiks konnte die Gewerkschaft in der Vergangenheit durchführen, bspw. an der Berliner Charité. Doch betroffen waren dabei in der Regel lediglich einzelne Einrichtungen oder Betreiber. Eine flächendeckende Demonstration der Unzufriedenheit mit den Bedingungen bleibt bislang aus.

Nichtsdestotrotz hat die Gewerkschaft für die Pflegebranche einen Katalog an Forderungen erstellt, der nach wie vor auf der Homepage zu finden ist. Unter anderem fordert ver.di eine Stärkung der häuslichen Pflege und die Schaffung von Präventionsangeboten.

Außerdem setzt sich die Gewerkschaft in der Pflege unter dem Gesichtspunkt besserer Arbeits- und Lohnbedingungen unter anderem für eine flächendeckende Bezahlung nach Tarif ein. In der Altenpflege könnte das bereits in naher Zukunft zu Erfolg führen: nach Verhandlungen mit dem Arbeitgeberverband BVAP soll ein Tarifvertrag geschlossen, der nach dem Willen der Bundesregierung, dann für allgemeinverbindlich erklärt werden soll.

Damit sind der Gewerkschaft zwar erste Teilerfolge gelungen, allerdings war der gesellschaftliche und mediale Druck auch unabhängig davon so hoch, dass dies nur als Teil-Erfolg gelten kann.

Die Einflussmöglichkeiten von ver.di als Pflegegewerkschaft sind nicht zuletzt auch deshalb eingeschränkt, weil schätzungsweise nur jeder fünfte Pflegekraft auch Mitglied ist.

Problematisch ist auch, dass unter dem Dach ver.di sich unzählige Berufsgruppen und die Pflege damit immer nur ein Teilbereich bleibt. Auch innerhalb der Gesundheitssparte der Gewerkschaft machen Pflegekräfte mit vielen anderen Arbeitnehmern aus der Branche nur einen Teil der Mitglieder aus.


Forderungen nach eigener Pflege-Gewerkschaft werden lauter

Unter Berücksichtigung dieser Entwicklungen verwundert es kaum, dass sich immer mehr Arbeitnehmer für eine spezialisierte Gewerkschaft stark machen.

In eine solche Organisation müssten dann allerdings auch deutlich mehr Pflegekräfte eintreten. Durch die Bündelung gemeinsamer Interessen und eine fokussierte Konzentration auf den Bereich der Pflege erhoffen sich viele Pflegende damit weitere Einflussmöglichkeiten und intensivere Vertretung.

Dieser Wunsch hat der „Bochumer Bund“ aufgegriffen und im Mai 2020 eine Gewerkschaft für Pflegende gegründet. Die namentliche Analogie zum Marburger Bund, der Ärztegewerkschaft, ist dabei kein Zufall. Ähnlich wie der Marburger Bund in den letzten Jahren deutliche Verbesserungen für die Ärzteschaft durchsetzen konnte, möchte der Bochumer Bund gleiches auch für Pflegekräfte erreichen.

Besonders zur Konkurrenz ver.di hat der Bochumer Bund unterschiedliche Ansichten. Vor allem die Ablehnung der Pflegekammer in Niedersachsen spaltet die Gewerkschaften dabei. Ob mit dem Bochumer Bund langfristig eine Alternative zur Pflegesparte von ver.di erwächst lässt sich noch nicht sagen. Aktuell sind noch wenige Pflegende im Bochumer Bund organisiert, wie sich die Mitgliederzahlen entwickeln wird die Zukunft zeigen.

6 Kommentare
  1. Maria Elisabeth Kaiser
    Maria Elisabeth Kaiser sagte:

    Ich helfe 2 indischen Krankenschwestern, die in einem Seniorenheim gearbeitet haben, meist 11 Stunden ohne Mittagpause, dann haben sie gekündigt und arbeiten jetzt unter Tarif in einem Krankenhaus in Darmstadt. Der Betreiber hat ihnen den Lohn für Mai nicht ausgezahlt, im April einfach 1000 € weggenommen als Sicherheitseibehalt wegen Arbeitsplatzwechsel, er hat keinen Urlaub gegeben und auch keinen ausbezahlt. Es war sehr schwer dort – wir haben jetzt Klage beim Arbeitsgericht eingereicht, aber wir brauchen juristische Hilfe, gibt es von der Gewerkschaft eine Möglichkeit der Unterstützung?

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  2. Joachim Bartels
    Joachim Bartels sagte:

    Sehr geehrte Damen und Herren!
    Ich beziehe mich auf den heutigen Artikel in der SÜDDEUTSCHEN Zeitung zur momentanen Überlastung der Krankenhaus-Pflegekräfte infolge Covid 19. Die Forderung nach mehr Personal ist durchaus verständlich, auch die Forderung nach höherem Einkommen, allerdings nicht nach dem Gießkannenprinzip. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es große Unterschiede bezüglich Einsatz- und -Hilfsbereitschaft, aber auch bezüglich der Freundlichkeit gegenüber den Patienten unter den Pflegekräften gibt. Durch ständiges Hervorheben und Publizieren von den all den Problemen gewinnt man leider auch kein zusätzliches Personal, Bewerber werden eher abgeschreckt, fürchte ich!
    Freundliche Grüße!
    Joachim Bartels
    bartelsjoachim@t-online.de

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  3. Meyer
    Meyer sagte:

    Guten Morgen,
    leide gibt es das in Berlin noch nicht. ich würde auf jeden Fall beitreten wollen und einige andere auch.
    Es bewegt sich im Moment gar nichts. Wir haben zwar einen Betriebsrat, dieser erkaufte sich seine Stimmen, wir haben keinen Vetrauenskörper und unsere ausländischen Mitarbeiter wurden über die Tätigkeit des Betriebsrates nicht aufgeklärt. Die Stimmenauszählung erfolgte auch nicht öffentlich. Da wir in unserem Unternehmen (150 Mitarbeiter) nur 8 Fachkräfte sind und der BR zu 98% aus Pflegerhelfern besteht, fühle ich mit nicht vertreten.

    Kerstin Meyer

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