Arbeitsagenturen melden Engpässe

Personalmangel in der Pflege verschärft sich weiter

Ein Großteil der Probleme in der Pflege sind auf mangelhafte Ausstattung mit Personal zurückzuführen. Über Jahre wurde vor allem an der Personalkosten auf Pflegestationen gespart. Die Folgen zeigen sich heute in eklatantem Fachkräftemangel und Überlastung des Personals.

Im Alter oder bei Krankheit wünscht sich wohl jeder Mensch liebevoll und bestmöglich versorgt zu werden. Die Realität in vielen Krankenhäusern und Pflegeheimen, wo teils 2 Pflegekräften für 30 Patienten zuständig sind, ist eine völlig andere. Die Pflege ächzt seit Jahren unter akutem Personalmangel und Kostendruck. Der vielfach beschworene Pflegenotstand ist damit längst Realität.

300.000 zusätzliche Pflegefachkräfte bis 2030 benötigt

Das der Personalmangel bereits heute deutlich sichtbar ist, zeigt sich an verschiedenen Zahlen. Um die bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen rechnet bspw. die Gewerkschaft ver.di mit einem Bedarf von allein 110.000 zusätzlichen Pflegefachkräften. Prognosen rechnen bis 2030 sogar mit einem Mehrbedarf von 300.000 Stellen.

Altenpflege besonders betroffen

Laut Arbeitsagentur ist der Bedarf an Fachkräften in der Altenpflege besonders hoch. Auf 100 gemeldete Stellen kamen im vergangenen Jahr lediglich 19 arbeitslose Pflegekräfte. 10 Jahre zuvor waren es noch 68 arbeitslose Pflegekräfte pro 100 Stellen.

Die Peronalsituation folgt linear den demographischen Veränderungen, die unsere Gesellschaft erfassen und wird auf absehbare Zeit nicht abebben.

Um den Personalmangel in der Pflege aufzufangen, leisten die aktuell rund 1,7 Millionen Beschäftigten häufig Mehrarbeit unter schwierigen Bedingungen. Die Folgen sind hohe Belastung, Zeitdruck und Überstunden. Hinzukommt Schichtdienst auch an Wochenenden und Feiertagen. Die Qualität der Pflege leidet darunter ebenso wie die Gesundheit der Pflegenden.

Besonders dramatisch ist die Situation schon heute in der Altenpflege, besonders im ambulanten Bereich. Viele Pflegedienste nehmen keine neuen Patienten auf, einige sind sogar gezwungen bestehende Verträge aufzulösen. Besonders alleinstehende Senioren stehen dann vor einem großen Problem.

Ähnlich ergeht es auch ersten Alten- und Pflegeheimen, die wegen fehlendem Personal Patienten ablehnen müssen. Die Versorgung mit Pflegeleistungen ist damit in einigen Regionen bereits heute ernsthaft gefährdet.

Ursachen für Personalmangel in der Pflege sind vielfältig

Das es zu wenige Pflegefachkräfte in Deutschland gibt verwundert viele Experten kaum. Arbeitsbedingungen und Entlohnung sind im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich. Die hohe Belastung, sowohl in emotionaler als auch psychischer Hinsicht, schreckt viele junge Arbeitnehmer ab. Ausgebildetes Personal wechselt auf lange Sicht häufig den Berufszweig.

Daneben spielt auch der hohe Anteil an Teilzeitbeschäftigten eine große Rolle. Auch hierbei sind die Arbeitsbedingungen oft ursächlich. Hinzu kommt, dass viele Einrichtungen sogar gezielt auf mehrere Teilzeitkräfte (anstatt einer Vollzeitstelle) setzen, um flexibler agieren zu können. Rechnet man allein die Zahl der 730.000 Beschäftigten in Pflegeheimen auf Vollzeitstellen um bleiben nur 552.000.

Personalmangel in der Pflege wird sich weiter verschärfen

Dass sich die Personalsituation in Pflegeberufen auf absehbare Zeit verbessert ist nicht zu erwarten. Schon jetzt sind einigen Regionen mehr als 40% der Pflegekräfte über 50. Ein Großteil dieser Fachkräfte wird den Altenheimen und Krankenhäusern auf absehbare Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen.

Schwierige Arbeitsbedingungen, Überstunden und häufige Wochenenddienste bereits während der Ausbildung führen dazu, dass die Abbruchquoten in Pflegeberufen mit ca. 30% enorm hoch sind.

Die nachkommenden Berufsabsolventen reichen zahlenmäßig bei weitem nicht aus, um die Lücke zu füllen, die ältere Kollegen in Zukunft hinterlassen werden. Hinzukommt, dass viele Pflegekräfte nach Ihrer Ausbildung nur wenige Jahre im Beruf bleiben. Andere Berufszweige bieten attraktivere Bezahlung und geregelte Arbeitszeiten. Inzwischen hat sich ein ganzer Markt gebildet, der sich auf berufliche Umorientierung für ehemalige Kranken- und Altenpflegekräfte bzw. Pflegehelfern spezialisiert hat.

Der Personalmangel in der Pflege wird sich daher in den kommenden Jahren massiv verschärfen, wenn nicht zeitnah adäquate Lösungen gefunden werden.

Fehlendes Pflegepersonal kostet auch die Betreiber Millionen

Wenn in Kliniken und Altenheimen das Personal knapp wird, hat das auch finanzielle Folgen für die Betreiber. Nicht ausgelastete Stationen oder Operationssäle, die aufgrund fehlender Pflegefachkräfte nicht genutzt werden können, belasten auch die Bilanzen großer Gesellschaften wie Helios, Asklepios oder Curanum.

Doch offenkundig scheint der finanzielle Verlust durch Unterbelegung gering, im Vergleich zu den Mehrkosten, die bessere Entlohnung und ein höherer Personalstock verursachen würden. Zwar versuchen einzelne Einrichtungen verzweifelt Personal anzuwerben und setzen dabei auf teils ungewöhnliche Methoden und Prämien. Das alles zeigt deutlich, wie groß bereits jetzt in einzelnen Einrichtungen der Pflegenotstand ist.

Nachhaltige Lösungen müssen langfristig Bedingungen schaffen, unter denen es gelingt, auch junge Menschen wieder für eine Berufsausbildung in der Pflege zu begeistern.