Dunkelziffer von mehr als 100.000 Fällen vermutet
Konstant hohe Fallzahlen bei Behandlungsfehlern erschreckend
Statistisch gesehen begutachtet der MDK jeden Tag fast 40 Fälle von Behandlungsfehlern. Trotz des Patientenschutzgesetzes von 2013 haben sich die Fallzahlen kaum verändert.
Noch immer sind Behandlungsfehler in Deutschland Alltag. Auch wenn politisch immer wieder die Stärkung von Patientenrechten angekündigt wurde sind die Fallzahlen in den vergangenen Jahren beinahe unverändert geblieben.
Hinzu kommt, dass Experten von einer großen Zahl unentdeckter Fälle ausgehen. Diese Dunkelziffer liegt vermutlich so hoch, dass selbst der MDK bezweifelt ob aus den erhobenen Daten Rückschlüsse auf die tatsächliche Patientensicherheit möglich sind.
Ursachen für Behandlungsfehler sind vielfältig
Trotz der umfassenden Reformen im Patientenrecht 2013 hat sich die Zahl der begutachteten Behandlungsfehler seitdem noch weiter erhöht. Die Ursachen hierfür allein bei Ärzten und medizinischem Personal zu suchen greift jedoch deutlich zu kurz. Nur in einem Teil der Fälle handelt es sich um ärztliche Behandlungsfehler. Meist sind die Ursachen struktureller Natur. Werden bspw. Hygiene-Regeln vernachlässigt, betrifft das oft mehrere Mitarbeiter.
Definition Behandlungsfehler
Als Behandlungsfehler wird eine medizinische Leistung verstanden, die nicht den allgemein anerkannten fachlichen Standards folgt und es keine explizite Vereinbarung hierüber gibt. (vgl. § 280 Abs. 1 BGB, § 630a Abs. 2 BGB)
Strukturelle Probleme hängen oft mit zunehmender Zahl medizinischer Behandlungen bei gleichzeitiger Beibehaltung oder gar Reduzierung des Personalstocks zusammen. Zusätzlich ist nicht nur die Zahl der Behandlungen gestiegen, sondern auch parallel der Beratungs- und Dokumentationsaufwand. Die Zahl der neuen Stellen ist im Vergleich dazu nur moderat gestiegen. Letztlich bedeutet das Mehrarbeit und Zeitdruck für das Personal.
Viele Behandlungsfehler bleiben unentdeckt
Noch immer wird ein Großteil der „Arztfehler“ nicht erkannt. Studien gehen gar davon aus, dass auf einen entdeckten Behandlungsfehler ca. 30 unentdeckte Fälle kommen.
Zwar sind durch Dokumentationspflichten die Nachweise heute deutlich einfacher zu erbringen als noch vor 10 oder 15 Jahren, dennoch ist bereits das Erkennen eines Behandlungsfehlers für einen Laien sehr schwierig.
Damit lässt sich auch erklären, dass bspw. orthopädische und chirurgische Behandlungen deutlich häufiger vom MDK begutachtet werden. Dagegen ist die Feststellung bspw. einer falschen Medikation deutlich schwieriger. Unabhängig vom Fachbereich ist es normalen Patienten oft nur sehr schwer möglich einen Behandlungsfehler entsprechend zu erkennen bzw. nachzuweisen.
Außerdem liegt ein Grund für die hohe Dunkelziffer in der strikten Hierarchie und der Angst vor negativen Konsequenzen für die Behandelnden. Besonders junge Ärzte oder Krankenpflegekräfte haben Angst sich mitzuteilen oder fürchten Repressalien.
Wie können Betroffene reagieren?
Wer als Patient nach einer Behandlung Zweifel hat ob diese fachlich korrekt war sollte sich in jedem Fall an seine Krankenversicherung wenden. Die gesetzlichen Kassen sind zur Unterstützung in Fällen von Behandlungsfehlern verpflichtet, sollten diese Behandlung eine Leistung der Krankenversicherung sein.
Der MDK erstellt in diesen Fällen Gutachten zu den vermuteten Behandlungsfehlern. Um daraus jedoch Ansprüche ableiten zu können sind die Hürden jedoch hoch.
Zusätzlich gibt es eine Schlichtungsstelle der Bundesärztekammer, die in solchen Fällen vermitteln soll. Die Ärztekammer vertritt naturgemäß dabei jedoch häufig eher die Interessen der Behandelnden.
Ungefähr 100 Menschen pro Jahr versterben an Behandlungsfehlern. In diesen Fällen ist der Nachweis oft deutlich schwieriger. Meist handelt es sich um Personen im hohen Alter oder mit Vorerkrankungen. Dann nachzuweisen, dass der Behandlungsfehler unmittelbar für den Tod verantwortlich ist erfordert tiefgehendes Fachwissen. Ohne professionelle Unterstützung und unzählige Gutachten ist eine Anerkennung und ggf. Entschädigung nur schwer möglich.