Überlastung in der Pflege

Immer mehr Pflegekräfte klagen über Burn-Out

Die Abbruchquote während der Ausbildung ist in kaum einem Berufszweig derart hoch wie bei Kranken- und Altenpflegern. Um dem Pflegenotstand nachhaltig zu Bekämpfen werden jedoch grade junge Menschen gebraucht.

Chronische Überlastung und den deutlichen Personalmangel spüren nicht nur die Patienten. Immer häufiger klagen Pflegekräfte über gesundheitliche Folgen ihres Berufs.

Vor 2 Jahren führte der 21-jährige Pfleger Alexander Jorde einem breiten Publikum das Problem vor Auge, als er während einer Live-Sendung direkt mit der Kanzlerin diskutierte. Getan hat sich bislang wenig. Doch seit der Corona-Krise wächst die Kritik an den Arbeitsbedingungen wieder.

Überlastung von Pflegekräften führt zu hohen Ausfallquoten

Der „Gesundheitsreport 2019“ der Techniker Krankenkasse zeigt teils erschreckende Zahlen. Im Durchschnitt sind Alten- und Krankenpflegekräfte 23 Tage im Jahr krankgeschrieben. Dieser Wert liegt 8 Tage über dem Durchschnitt und zeigt deutlich, dass die schwierigen Arbeitsbedingungen sich auch unmittelbar auf die Gesundheit der Arbeitnehmer auswirken.

Dazu passt, dass der durchschnittliche Krankenstand in Pflegeberufen deutlich über dem Durchschnitt liegt. In der Altenpflege beträgt er beinahe 7% und in der Krankenpflege knapp 6%. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 4,09%.

Der hohe Krankenstand entwickelt sich dabei zum Teufelskreis. Fehlendes Personal muss durch andere Kollegen ersetzt werden. Deren Belastung steigt weiter an und führt auch bei diesen Pflegekräften langfristig zu Überlastungserscheinungen.

Besonders Rücken und Psyche verursachen Beschwerden

Auffällig ist vor Allem die vergleichsweiße hohe Zahl an Rückenbeschwerden und aufgrund psychischer Belastungen. Dabei sind Erkrankungen wie Depressionen oder Burn-Out in der Alten-deutlich häufiger als in der Krankenpflege.

Dazu passend liegt auch die Menge der verschriebenen Antidepressiva deutlich über dem Durchschnitt aller Beschäftigten. Krankenpfleger bekamen 51% häufiger ein entsprechendes Rezept, Altenpflegekräfte sogar 79% öfter. Grundsätzlich liegt die Zahl der verschriebenen Medikamente bei Pflegekräften 28% über dem Schnitt aller Berufstätigen.

Bei den körperlichen Beschwerden sind bspw. Muskel-Skelett-Erkrankungen als Grund für Arbeitsunfähigkeit 83% häufiger als im Gesamtschnitt aller Arbeitnehmer.

Entlastung der Pflege nur mit mehr Personal möglich

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag das sogenannte „Sofortprogramm Pflege“ versprochen. Dabei sollen zusätzliche Stellen für Pflegefachkräfte geschaffen werden und die Finanzierung über die Krankenkassen vereinfacht werden. In der Altenpflege sollen maximal 13.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, in der Krankenpflege gibt es bislang keine Begrenzung.

Kern des Sofortprogramms ist die Refinanzierung der neu geschaffenen Stellen über die jeweiligen Kostenträger. Personalkosten sollen in Zukunft stärker von den seit 2004 verpflichtenden Fallpauschalen entkoppelt werden.

Seit diesem Jahr ist die Pflegepersonalkostenvergütung ein unabhängiger Abrechnungsposten. Das sogenannte Pflegebudget soll sich dabei an den tatsächlichen Kosten für Pflegekräfte orientieren.

Entwicklung der Personalkosten

Die Personalkosten für Ärzte sind zwischen 2002 und 2015 um 103% gestiegen. Im Vergleich dazu lag die Kostensteigerung für Pflegepersonal lediglich bei 23%.

Zwar findet die Berechnung für jedes Krankenhaus gesondert statt, doch auch die Trennung von Pflegekosten und Fallpauschale hat ihre Tücken. Denn um zusätzliches Pflegepersonal einzustellen, ist es notwendig ausreichend Arbeitnehmer zu finden. In einigen Regionen ist der Arbeitsmarkt für Pflegekräfte bereits so stark angespannt, dass es nur schwer möglich sein wird dort zusätzliche Stellen zu schaffen.

Zusätzliche Ausbildungsplätze in der Pflege notwendig

Langfristig ist der Überlastung von Kranken- und Altenpflegern nur durch konsequente Ausbildung von jungen Berufsanfängern notwendig.

Dafür müssen neben zusätzlichen Ausbildungsplätzen auch die Bedingungen für Berufseinsteiger verbessert werden. Denn die aktuellen Abbruchquoten in Pflegeberufen liegen deutlich über dem Gesamtschnitt. Schafft man es bereits hier die Begeisterung für den Beruf Pflegekraft aufrecht zu erhalten, steht bereits auf absehbare Zeit mehr Personal zur Verfügung.