Besorgniserregende Zahlen

Abbruchquote in Pflegeausbildungen überdurchschnittlich hoch

Die Abbruchquote während der Ausbildung ist in kaum einem Berufszweig derart hoch wie bei Kranken- und Altenpflegern. Um dem Pflegenotstand nachhaltig zu Bekämpfen werden jedoch grade junge Menschen gebraucht.

In der Debatte um den aktuellen Pflegenotstand wird immer wieder der akute Personalmangel als Begründung angeführt. Die Ursachen dafür sind jedoch oft hausgemacht.

Über Jahre wurde der Kostendruck in erster Linie an die Pflege weitergegeben. Die Folge waren Einsparungen beim Personal. Das wiederum führte zu den Arbeitsbedingungen, die maßgeblich für die aktuelle Lage verantwortlich sind.

Warum viele Berufsanfänger die Pflegeausbildung abbrechen

Rund 30% der Auszubildenden in Pflegeberufen brechen vorzeitig ab. Dieser Wert zählt branchenübergreifend zu den höchsten. Die Ursachen dafür sind häufig nicht in mangelnder Bezahlung zu suchen, schließlich ist de Ausbildungsvergütung in der Pflege vergleichsweise hoch.

Vielmehr sind es schlechte Arbeitsbedingungen, kaum Zeit für gezielte Ausbildung und eine hohe emotionale Belastung die dafür sorgen, dass viele vorzeitig abbrechen. Auch gibt es bislang kaum Aufstiegschancen für examinierte Pflegekräfte, was vielen jungen Menschen erst im Laufe der Ausbildung deutlich wird.

Hinzukommt, dass eine Ausbildung im Pflegebereich immer in Konkurrenz steht zu anderen Berufen, wo meist deutlich bessere Bedingungen vorgefunden werden.

Wie kann die Pflegeausbildung attraktiver werden?

Um zu verhindern, dass junge Menschen die Ausbildung in der Pflege abbrechen gibt es verschiedene Ansätze. Einige Arbeitgeber haben bspw. Ansprechpartner und Sozialarbeiter für ihre angehenden Pflegekräfte beschäftigt. Die Bedingungen für Auszubildende verbessern sich dabei jedoch nur geringfügig.

Wichtiger als Gesprächspartner wären deshalb handfeste Veränderungen in der Ausbildung und im Blick auf die Auszubildenden. Auf vielen Stationen werden angehende Pflegekräfte lediglich als günstige Helfer eingesetzt. Um fundiert auf die Ausbildungsinhalte einzugehen bleibt da kaum Zeit. Außerdem sind die dringend benötigten Praxisanleiter häufig ebenfalls selbst stark in den Pflegealltag eingebunden.

Verspricht die generalisierte Pflegeausbildung 2020 Besserung?

Für die Rund 130.000 Auszubildenden in der Pflege hält das Jahr 2020, neben Corona, einige Neuerungen bereit.

Mit dem Pflegeberufsgesetz werden die drei Berufe Gesundheits- und Krankenpfleger, Altenpfleger und Kinderkrankenpfleger in einer Ausbildung zusammengefasst.

Schulgeld entfällt

Während bislang viele Auszubildende in der Pflege Schulgeld zahlen mussten, entfällt dieses mit der Neuordnung gänzlich. Außerdem haben angehende Pflegekräfte nun Anspruch auf eine Ausbildungsvergütung.

Erst im dritten Lehrjahr kann dann eine Spezialisierung auf Alten- oder Kinderkrankenpflege erfolgen. Damit soll die Flexibilität im Pflegesektor erhöht und damit die Abbruchquoten gesenkt werden. Die Strukturellen Probleme in der Pflegeausbildung, wie fehlende Zeit und ein Mangel an Praxisanleitern bleiben dagegen unangetastet.

Kritik an generalisierter Pflegeausbildung wächst

Kritik an der neuen Pflegeausbildung kommt bereits von vielen Seiten. Allen voran der Arbeitgeberverband Pflege läuft Sturm gegen die Neuordnung. Grund dafür ist bspw. die Verpflichtung des Arbeitgebers die notwendigen Praxiseinsätze in den verschiedenen Bereichen sicherzustellen.

Dabei zeichnet sich bereits ab, dass die bundesweit verfügbaren Stellen in der Kinderkrankenpflege nicht ansatzweise verfügbar sind. Die Arbeitgeber sind folglich im Rahmen der neuen Pflegeausbildung 2020 gezwungen ein Netz aus Kooperationspartnern zu bilden.

Für viele kleinere Einrichtungen ist das kaum zu leisten. Einige Arbeitgeber haben aufgrund der vielen Unklarheiten sogar angekündigt in diesem Jahr keine neuen Pflegekräfte auszubilden. Es droht ein weiterer Verlust an Ausbildungsplätzen und damit künftigem Pflegepersonal.

Außerdem sind die neuen Möglichkeiten in der Pflegeausbildung Fluch und Segen zugleich. Die neue Ausbildung wird ohne Spezialisierung europaweit anerkannt. Damit eröffnet sich jungen Berufsabsolventen ein deutlich größerer Arbeitsmarkt. Und in diesem ist die deutsche Pflege oft weniger attraktiv als ihre Konkurrenz im Ausland.

Im Gegenzug erhöht sich die Flexibilität innerhalb der Branche deutlich. Mit der neuen Ausbildung ist es künftig einfacher möglich bspw. von einem Pflegeheim in ein Krankenhaus zu wechseln und andersherum. Allerdings treten die verschiedenen Bereiche dann auch in Konkurrenz zueinander. Die Folgen sind aktuell noch nicht absehbar.