Zeitdruck, Überstunden & Schichtdienst

Arbeitsbedingungen in Pflegeberufen vielfach ungenügend

Ungefähr 1,7 Millionen Menschen sind laut Arbeitsagentur in Pflegeberufen tätig. Ein Großteil klagt schon seit langem über schlechte Arbeitsbedingungen und zu wenig Zeit für eine würdevolle Versorgung Patienten.

Zuletzt sind Pflegekräfte durch die Corona-Pandemie wieder in den Fokus gerückt. Die drängendsten Probleme dieser Berufsgruppe, wie Überstunden, geringe Bezahlung und schwierige Arbeitsbedingungen, sind jedoch deutlich älter als die Corona-Pandemie.

Vielfach wurden von Seiten der Politik und der Trägern Besserung versprochen. Bewegt hat sich in der Pflege jedoch bislang wenig.

Arbeitsrechtlich oft im Graubereich

Die Bedingungen unter denen viele Gesundheits- und Krankenpfleger, Altenpflegekräfte und Pflegehelfer arbeiten, stehen teils im krassen Gegensatz zur Verantwortung und Erwartungen an eben diese Berufsgruppe.

Zwar begrenzt der Gesetzgeber die tägliche Arbeitszeit auf maximal 10 Stunden täglich, doch Arbeitnehmer berichten regelmäßig von Diensten, bei denen die Arbeitszeit überschritten wird.

Auswirkungen schlechter Arbeitsbedingungen

Lange Arbeitszeiten, verkürzte Ruhezeiten und die Verschiebung der wöchentlichen Ruhezeit können nach Erkenntnissen der Arbeitswissenschaft negative Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben.

Besonders gravierend ist die zeitlich begrenzte Ausweitung der möglichen Arbeitszeit auf bis zu 12 Stunden pro Tag, während der Corona-Pandemie. Parallel dazu wurden auch die gesetzlichen Ruhezeiten um 2 Stunden verkürzt. In der Praxis kann das bedeuten, dass eine Pflegekraft bspw. von 7 bis 19 Uhr arbeitet und bereits um 4 Uhr den nächsten Dienst antreten könnte.

Das unter diesen Bedingungen die Pflegequalität leidet, liegt auf der Hand. Besonders in Pflegeberufen ist ein hohes Maß an Konzentration aber auch Einfühlungsvermögen notwendig. Das diese Fähigkeiten unter Überstunden und Zeitdruck gleichermaßen aufrecht erhalten werden können ist dabei illusorisch.

Doch nicht nur die Patienten leiden unter den schwierigen Arbeitsbedingungen in der Pflege. Wer beruflich pflegt hat ein erhöhtes Risiko sowohl psychisch als auch körperlich zu erkranken. Das dies direkt mit den Arbeitsbedingungen zusammenhängt, bestätigt auch das Bundesarbeitsministerium.

Schlechte Arbeitsbedingungen und Überstunden gefährden Patienten

Für viele Berufseinsteiger ist die Pflege inzwischen unattraktiv geworden. Grade diese jungen Menschen werden jedoch dringend benötigt, um alle Einrichtungen mit ausreichend Personal zu besetzen. Schwierige Arbeitsbedingungen, Überstunden und geringe Bezahlung sorgen dafür, dass nach 10 Jahren nur noch einer von drei Pflegeabsolventen im erlernten Beruf arbeitet.

Dieser Mangel zeigt sich bereits heute deutlich: In der Altenpflege bleibt eine ausgeschriebene Stelle im Bundesdurchschnitt 175 Tage unbesetzt. Ein Zustand, der in anderen Branchen undenkbar wäre.

Hinzu kommt, dass die Abbruchquoten unter den Auszubildenden in der Pflege deutlich über denen anderer Berufsgruppen liegen. Experten und Arbeitgeber machen dafür auch überzogene Anforderungen an die Ausbildung im Pflegeberuf verantwortlich. Arbeitgeberpräsident Kramer sprach in diesem Zusammenhand gar von einem „Medizin-Studium-light“.

Natürlich sind aber die Anforderungen während der Ausbildung nur ein kleiner Teil der Missstände. Was Arbeitgeberverbände dabei gern vergessen, sind die unterdurchschnittliche Bezahlung und die hohe Belastung, besonders für Auszubildende.

Häufig müssen angehende Pflegekräfte Wochenendschichten übernehmen oder kurzfristig einspringen. Das schreckt junge Berufseinsteiger ab.

Auch sozial wird der Pflegeberuf nur bedingt anerkannt. Diese fehlende Wertschätzung in der Gesellschaft beklagen Pflegefachkräfte seit Jahren. Anerkennung muss sich dann aber auch letztlich in der Entlohnung widerspiegeln. An dieser Situation wird auch die Neuordnung der Pflegeausbildung grundlegend nichts ändern.

Wie können die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessert werden?

Grundsätzlich gilt, dass Überstunden und Zeitdruck nur mit mehr Personal begegnet werden kann. Aktuell sind laut Schätzungen 70.000 allein in der Krankenpflege unbesetzt. Hinzu kommen rund 40.000 fehlende Pflegefachkräfte in der Altenpflege, schätzt die Gewerkschaft ver.di.

Um die Arbeitsbedingungen langfristig zu verbessern und damit auch die Qualität der Versorgung zu gewährleisten ist es daher unabdingbar in deutlich stärkerem Maß neue Stellen zu schaffen. Und um diese zu besetzen braucht es letztlich mehr Anerkennung durch höhere Löhne.