Grundsätzlich zählt zum Berufsbild der Pflegekraft in erster Linie die Versorgung und Betreuung der Patienten. Tatsächlich kommen zu den konkreten pflegerischen Tätigkeiten jedoch viele bürokratische Aufgaben, wie die Pflegedokumentation hinzu. Arbeitszeit, die so genutzt werden muss, fehlt dann für die Versorgung der Patienten. Viele Experten fordern inzwischen einen Abbau der ausufernden Bürokratie in der Pflege.
Bürokratie und Pflege: Ein beträchtlicher Anteil der Arbeitszeit geht „verloren“
Laut Berechnungen des Statistischen Bundesamtes wenden Mitarbeiter allein in der stationären Pflege etwa 13 Prozent ihres Arbeitstages, umgerechnet also mehr als eine volle Stunde, für die Dokumentation und Aktenführung auf. Dieser Mehraufwand reduziert wiederum das zeitliche Kontingent für konkrete pflegerische Tätigkeiten.
Dennoch ist es angesichts der Skandale in den letzten Jahren nicht unwichtig, die Leistungen einer Pflegekraft detailliert zu dokumentieren. Das hilft Ihnen unter anderem dabei, spätere Nachfragen bei Problemen mit dem Pflegebedürftigen lückenlos beantworten zu können. Außerdem stellt die Pflege-Bürokratie ein wichtiges Mittel zur Gewährleistung einer standardisierten Qualität dar.
Vor allem im stationären Bereich kümmern sich je nach Schicht zudem verschiedene Pfleger um einen Patienten. Mithilfe der Bürokratie in der Pflege lässt sich im Zweifelsfall also unkompliziert nachverfolgen, wer welche pflegerischen Maßnahmen getroffen hat.
Dokumentation in der Pflege: nicht jede Information ist hilfreich
Dass die Pflegedokumentation im Sinne der Patientensicherheit und Qualität wichtig ist, steht außer Frage. Doch genau hier sollte mit Augenmaß gehandelt werden. Nicht jede Information ist hilfreich bei der Pflege oder medizinischen Versorgung.
Zu den größten Kritikern der Bürokratie in der Pflege ist der ehemalige Bevollmächtigte der Bundesregierung für Patienten und Pflege Karl-Josef Laumann (CDU). Er wirbt seit langem für eine neue, vereinfachte Pflegedokumentation. „Die Grundidee ist bestechend einfach. Nur wenn etwas vom normalen Pflegealltag abweicht, muss das noch aufgeschrieben werden.“, so Laumann. Vor Vertretern des VDK wird Laumann noch deutlicher: „Im Pflegealltag muss nicht alles schriftlich festgehalten und damit dokumentiert werden.“
Tatsächlich ist es je nach Einrichtung üblich detaillierte Dokumentationen über den Zustand und Tagesablauf des Patienten anzufertigen. Diese gleichen sich oft von Tag zu Tag bzw. weichen nur geringfügig ab. Ob davon ein Mehrwert für Patienten und behandelnde Ärzte erzielt wird, bezweifeln viele Betroffene.
Bürokratieabbau in der Pflege noch immer schleppend
Experten und Politiker entwickelten im Gegensatz dazu das sogenannte „Strukturmodell“, welches seit 2015 bundesweit eingeführt wird. Durch die vereinheitlichte und standardisierte Erfassung lässt sich der Dokumentationsaufwand laut Laumann erheblich verringern.
Strukturierte Informationssammlung (SIS) wird diese vereinfachte Pflegedokumentation genannt. Inzwischen nutzt mehr als die Hälfte aller Pflegeeinrichtungen dieses Verfahren. Trotz dieser Bemühungen zeigen Umfragen nach der Einführung 2015, dass der Bedarf nach einer weiteren „Entschlackung“ der Bürokratie in der Pflege nach wie vor besteht.
Große Hoffnung liegt dabei auch auf dem technischen Fortschritt. Besonders der Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg e.V. sieht in der digitalen Pflegedokumentation erhebliche Potenziale zur Zeitersparnis. Wirklich funktionierende Systeme zu finanzierbaren Konditionen gibt es bislang jedoch nur in geringem Maß.
In letzter Konsequenz müssen jedoch auch digitale Lösungen durch das Pflegepersonal mit Informationen befüllt werden. Wirklich große Zeiteinsparungen lassen sich also nur realisieren, wenn Daten bereits automatisch in die Dokumentation übertragen werden.
Kurzfristig wird ein stärkerer Abbau der Bürokratie vermutlich nicht gelingen. Besonders im Hinblick darauf, dass auch heute noch nicht alle Einrichtungen die vereinfachte Dokumentation nutzen, ist ohne politischen Druck nicht mit zeitnahen Veränderungen zu rechnen.